Aschermittwoch

Der Mensch ist nur Staub – und hat doch eine Zukunft

Staub und Asche bedeuten zunächst etwas Wertloses, Schmutziges. Der Mensch wird nach dem Tod zu Staub. Aber Gott, der in Christus Mensch geworden ist, liebt und rettet ihn. Und nicht zu vergessen: Asche hat die nützliche Kraft, zu reinigen.

In der Domkirche von Halberstadt trieb sich vor gar nicht so langer Zeit an jedem Aschermittwoch ein zerlumpter, vermummter Mensch herum, den man nach dem Gottesdienst auf die Straße jagte. Bis Mitternacht musste dieser „Adam“, wie man ihn nannte, barfuß durch die Gassen laufen und sich vor jeder Kirche verneigen. Das wiederholte sich nun täglich bis zum Gründonnerstag; da wurde Adam feierlich wieder in die Gemeinde aufgenommen und erhielt eine schöne Stange Geld, das man für ihn gesammelt hatte. Adam diente den Halberstädtern buchstäblich als Sündenbock, denn man glaubte, dass er mit seinem unentwegten Herumpilgern die Schuld der ganzen Stadt abgebüßt hatte.

So streng und finster ging es einstmals zu in der Fastenzeit. Fleisch zu essen und Tanzveranstaltungen abzuhalten, war vielerorts gesetzlich verboten und wurde von der staatlichen Obrigkeit geahndet. Der bayerische Kurfürst Maximilian I. schickte Beamte zum Kontrollieren in Wirtshäuser und Privathaushalte.

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Der barfuß durch die Straßen laufende „Adam“ von Halberstadt erinnert an eine noch viel drakonischere Sitte: die Austreibung der sogenannten öffentlichen Sünder am Aschermittwoch. Mörder, Gottesleugner, Ehebrecher bekannten im frühen Mittelalter ihre Schuld nicht privat im Beichtstuhl, sondern in der Kirche vor der ganzen Gemeinde. Während der Fastenzeit mussten sie dann ein Bußgewand tragen, durften sich nicht waschen und rasieren, stellten sich bisweilen auch am Sonntag vor das Kirchenportal, wo sie von den Gottesdienstbesuchern mit einer Rute geschlagen wurden – wenn auch sanft und dezent, in der Regel. Erst am Gründonnerstag nahm sie der Bischof wieder in die kirchliche Gemeinschaft auf.

Das heute noch im katholischen Aschermittwochsgottesdienst übliche Aschenkreuz ist eine schwache Reminiszenz an solch strenge Bräuche. Den Ritus gibt es seit dem zehnten Jahrhundert. Der Priester segnet die Asche und streut sie den Gottesdienstbesuchern aufs Haupt, oder er zeichnet ihnen ein Aschenkreuz auf die Stirn. Dabei zitiert er einen Satz aus der Schöpfungserzählung der Bibel: „Memento homo, quia pulvis es et ad pulverem reverteris – gedenk, o Mensch, dass du Staub bist, und zum Staub wirst du zurückkehren.“

In der Bibel und im Volksmärchen – Stichwort Aschenputtel – bedeuten Staub und Asche dasselbe: etwas Flüchtiges, völlig Gewöhnliches, komplett Wertloses. Ijob sitzt traurig in der Asche, nachdem er alles verloren hat, seine Habe und seine Familie. Wenn ein neuer Papst in sein Amt eingeführt wurde, verbrannte ein Kardinal einst vor seinen Augen einen Wollfaden, um ihn daran zu erinnern, dass alle Herrlichkeit der Welt vergeht und auch die Papstwürde nur auf Zeit verliehen wird.

Seit Gott in Jesus Mensch geworden ist, vergänglicher, verwehender Staub, besteht allerdings Hoffnung, dass dieses nichtige Menschenleben geliebt ist, gerettet werden wird und eine Zukunft über den Tod hinaus hat. Burnout, Tristesse, Depressionen, der Verlust von Schwung und Daseinsfreude, die bittere Sehnsucht nach Visionen und Perspektiven: Viele Menschen leiden heute darunter, dass unter der Asche ihres Lebens jede Glut erloschen ist. Das Bild hat aber auch eine positive Seite: Asche reinigt, wäscht den schmutzigen Belag ab, der vielleicht auch die Seele verkleistert und behindert.

Christian Feldmann

Aschermittwoch

„Gedenke, dass du Staub bist“

Ein kleines Kreuz aus Asche bedeutet den Anfang einer ganz besonderen Zeit: Am Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit und die Vorbereitung auf Ostern. Dieser Tag gilt in der katholischen Kirche als strenger Abstinenz- und Fastentag.

Der Name rührt von einer alten Tradition her: Früher zogen sich manche Menschen zu Beginn der Fastenzeit ein Bußgewand an und wurden als Zeichen ihrer Buße mit Asche bestreut. Im 11. Jahrhundert begann sich dieser Brauch auszubreiten, bis die Aschebestreuung fest zur Liturgie gehörte. Es wird mit den Worten „Gedenk, o Mensch, du bist Staub, und zum Staube kehrst du zurück“ auf die Stirn gezeichnet. Die Asche wurde zuvor mit Weihwasser gesegnet und stammt meist aus der Verbrennung der Palmwedel aus dem Vorjahr. Und warum Asche? Sie erinnert an die Vergänglichkeit des Menschen, der eines Tages „zum Staub“ zurückkehrt. Zum anderen aber wird damit die Fastenzeit als Umkehr und Neubeginn ausgedrückt. Das Alte ist vergangen und vergessen, wir haben wieder Platz und Energie für einen Neuanfang. Dieser Neuanfang wird uns am Ende der Fastenzeit mit der Auferstehung Christi und der Verheißung des ewigen Lebens geschenkt.
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Gott selber hat sich Staub auf sein Haupt gestreut, als er Mensch wurde

Die berühmteste Formel an Aschermittwoch lautet: „Gedenke Mensch, dass du Staub bist, und zum Staub zurückkehrst“ (Gen 3,19) Sie klingt nicht sehr schmeichelhaft für uns. Doch der berühmte Theologe Karl Rahner SJ hat ein sehr interessanten Denkweg dazu gefunden: Staub ist Zeichen für die Vergänglichkeit und Sterblichkeit des Menschen. Zeichen für seine Gewöhnlichkeit. Rahner bemerkt nun, dass die Begriffe „Fleisch“ und „Staub“ in einem engen inneren Zusammenhang stehen. Und was steht im Evangelium? Das Wort ist Fleisch geworden, Gott ist Fleisch geworden. So verhält es sich auch mit dem Staub. Gott selber hat sich Staub auf sein Haupt gestreut, als er Mensch wurde. Er hat sich für uns erniedrigt, um letztlich diesen Staub zu einem Wendepunkt der Geschichte zu machen. Das bedeutet: Am Aschermittwoch vollziehen wir durch den Brauch des Aschen-oder Staubkreuzes die Erinnerung an Jesu Weg deutlich nach. Wir zeigen damit, dass die letzte Etappe dorthin angebrochen ist – und damit der Aschermittwoch der Beginn des Weges zum ewigen Leben. Indem wir also Staub werden, können wir in und durch Christus zum ewigen Leben gelangen.

Simon Biallowons

Der Aschermittwoch bildet das Ende der Faschingszeit und den Auftakt der Fastenzeit. Damit vollzieht sich das, was uns das Alte Testament im Buch Kohelet sagt: Es gibt „eine Zeit zum Weinen und eine Zeit zum Lachen, eine Zeit für die Klage und eine Zeit für den Tanz.“ (Koh 3,4). Das bedeutet nicht, dass die Fastenzeit des Weinens sein soll. Aber doch, dass Lachen und Tanz vorerst nicht das primäre Merkmal dieser Zeit sind. Es soll ein gewisser Ernst herrschen – deutlich wird das am Aschermittwoch.