Dänische Kirchen als Zeugnis von Wohlstand und Glauben

Die Klosteranlage in Løgumkloster und der Dom zu Ribe gehören zu den ältesten christlichen Zeugnissen Skandinaviens.

Von innen tönt Musik: Zwei junge Frauen sitzen an der Orgel, sie spielen vierhändig. Plötzlich bricht ihr Spiel ab, der Mann neben ihnen auf der Empore wirkt nicht zufrieden. Kurz darauf setzen sie wieder ein. In der Zwischenzeit erklang aus weiter Ferne leises Klavierspiel: Hier im süddänischen Løgumkloster (Lügumkloster) lernen junge Menschen an der Kirchenmusikschule.

Blick in die Kirche von Løgumkloster.
Blick in die Kirche von Løgumkloster.

„Locus Dei” Løgumkloster

In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts kamen die Zisterzienser an diesen Ort, der gut 20 Kilometer von der heutigen dänisch-deutschen Grenze entfernt liegt. Die Mönche wählten den Ort bewusst, war er doch mit seinen Wäldern und Wasserläufen ideal, um Landwirtschaft und Fischerei zu betreiben. „Locus Dei“, Ort Gottes, nannten sie ihre Heimstätte, wo sie auch ihr Kloster bauten. Anfangs waren die Bauten aus Holz, von 1225 bis etwa 1325 wurde der vierflügelige Komplex aus Ziegelsteinen errichtet. Von denen noch der Nordflügel als Kirche und zwei Drittel des Ostflügels erhalten sind.

Lichtdurchflutete Kirche in Løgumkloster

Nachdem die Kirche in den vergangenen zwei Jahren aufwendig restauriert wurde, erstrahlt sie wieder, selbst bei regnerischem Wetter. Durch die hellen Bänke und die hellroten Ziegelsteine wirkt sie beinahe lichtdurchflutet. Wer mag, lässt sich auf einer der Kirchenbänke nieder und lässt seinen Blick durch das Innere schweifen. Eigentlich gestalten Zisterzienser ihre Kirchen sehr schlicht. Bemalte Fenster etwa sind untypisch für diesen Orden. Doch mit der Zeit ging es den Zisterziensern wie vielen Reformorden: Sie handhabten die strengen Vorschriften etwas laxer.

1536 wurde Dänemark im Zuge der Reformation lutherisch, mit dem Tod des Abtes 1548 wurde das Kloster aufgelöst und als Gutsbetrieb weitergeführt. Später verfielen Teile des Komplexes, viele seiner Steine wurden für den Aufbau des örtlichen Schlosses genutzt. Die Kirche selbst wurde nur noch gelegentlich genutzt bis sie 1739 zur evangelischen Gemeindekirche wurde, was sie bis heute ist.

Kruzifix in Løgumkloster aus der Bauzeit

Zu ihren Besonderheiten gehört etwa der Reliquienschrein, der für Dänemark einzigartig ist. Er ist in die Nordwand des Chores eingemauert, und verwahrte ursprünglich Überreste eben der Heiligen, die auf den Flügeln abgebildet sind. Das große Kruzifix im Chorbogen stammt etwa von 1325, darunter beteten also vermutlich schon die Mönche direkt nach der Fertigstellung der Kirche. Damals hing es aber vermutlich aber noch anderer Stelle. Maria und Johannes, die die Kreuzigungsgruppe komplettieren, sind allerdings jüngeren Jahrgangs und knapp 100 Jahre alt.

Geht man vorbei am Taufbecken, das aufwendig geschnitzt die Taufe Jesu zeigt, gelangt man über eine Treppe in das ehemalige Dormitorium der Mönche. Sie nutzten diese sogenannte „Nachttreppe“, um nachts zum Gebet in die Kirche zu gelangen. Im 19. Jahrhundert wurde sie entfernt, jedoch bei der Renovierung in den 1920er-Jahren originalgetreu wieder errichtet. Nach der Zeit der Mönche soll dieser Raum auch als Heulager genutzt worden sein, heute ist er Versammlungssaal.

Blick in die Kirche von Løgumkloster.
Blick in die Kirche von Løgumkloster.
Der Dom von Ribe ist schon von Weitem zu sehen.
Der Dom von Ribe ist schon von Weitem zu sehen.
Blick in die Domkirche von Ribe.
Blick in die Domkirche von Ribe.
Wer jedoch noch älteren Spuren des Christentums folgen möchte, sollte etwa 40 Kilometer weiter nördlich nach Ribe fahren, deren Domkirche in der flachen Landschaft Südjütlands schon von weitem zu sehen ist. Drei Türme strecken sich in den Himmel von Dänemarks ältester Stadt und gleichzeitig dem ältesten Kirchort Skandinaviens.Um 860 gründete Ansgar von Bremen hier die erste Kirchengemeinde, das erste Gotteshaus war vermutlich aus Holz. Im 12. Jahrhundert begann der Bau der Steinkirche, für die in ers-ter Linie Tuffstein aus dem Rheinland verwendet wurde. Sie zeugt von der Bedeutung der einstigen Handesmetropole, der eckige Bürgerturm zudem von Einfluss und Selbstbewusstsein der Kaufleute. Denn nach dem Einsturz des Kirchturms 1283 ließen sie den 52 Meter hohen Turm errichten, an dem sie Sturmglocke aufhängten, die die Einwohner auch vor Feuergefahr warnte. Heute kann man sie als Aussichtsturm erklimmen und hat einen wunderbaren Blick auf die vielen erhaltenen Fachwerkhäuser und die kleinen Gassen, die sich kreuz und quer durch die Stadt schlängeln. Von hier sieht man auch auf die fast kreisförmig angeordneten Häuser rund um den Dom: Ribe war im Mittelalter Bischofssitz und rundherum befanden sich etwa das Domkapitel und die Domschule, außerdem zählte Ribe einst vier Klöster.

Zeitlich mit der Reformation fiel der Niedergang als Handelsmetropole zusammen. Die Handelswege verlagerten sich, und beispielsweise Kopenhagen gewann stark an Bedeutung. Dennoch ging es den Bewohnern immer noch recht gut, bis ein großer Brand 1580, vier Pestepidimien und mehrere Sturmfluten ihren Abstieg beschleunigten. Der Dom verfiel zusehends, und Teile wurden abgerissen, um an benötigtes Baumaterial zu gelangen. Von 1882–1904 jedoch wurde der Dom, der bis heute evangelischer Bischofssitz ist, restauriert und seine ursprüngliche Tuffsteinfassade wieder hergestellt.

Sein Inneres erscheint modern, was hauptsächlich an der monumentalen Ausgestaltung des Chores aus den 1980er-Jahren liegt. Der Künstler Carl-Henning Pedersen schuf sieben Bilder mit alt-testamentlichen Motiven. Er gestaltete auch das Deckengewölbe und die Fenster mit fast fabelartig anmutenden Wesen.

Ausschnitt der Chorarbeit des Künstlers Pedersen. Zu sehen sind (von links): „Jakobs Traum“, „Die Sintflut“, „Die Geschlechterfolge“, „Das Himmelslicht".
Ausschnitt der Chorarbeit des Künstlers Pedersen. Zu sehen sind (von links): „Jakobs Traum“, „Die Sintflut“, „Die Geschlechterfolge“, „Das Himmelslicht".
Die Grabplatte des letzten katholischen Bischofs von Ribe: Iver Munk.
Die Grabplatte des letzten katholischen Bischofs von Ribe: Iver Munk.

Im Seitenschiff finden sich die Gemälde der bisherigen lutherischen Bischöfe, die in Ribe wirkten, ihnen gegenüber steht die Grabplatte des letzten römisch-katholischen Bischofs der Stadt, Iver Munk. Reformatorischen Umtrieben stellte er sich seinerzeit entgegen.

Er stand, wie viele Geistliche, damit gegen König Christian II., der sich früh reformatorischen Gedanken geöffnet hatte und auch gegen dessen Nachfolger Friedrich I. Iver Munk amtierte bis 1534. Er wurde im Lauf der Reformation vermutlich kurzzeitig festgenommen, durfte dann aber bis zu seinem Tod 1539 im Bischofspalais wohnen bleiben.

Wüsste man all dieses nicht, könnte man diese Ecke mit seiner Grabplatte im Dom zu Ribe fast für eine der ökumenischen Eintracht halten.

Thomas Schnieders